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Sommer 2008


18. - 19. August 2008 - Steiermark II

von Anke Krause (anke)
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Im Auto haben wir genug gesessen, jetzt ist auch mal Bewegung angesagt. Nach dem Frühstück (Kind schafft Ei nicht, nimmt es für unterwegs mit) kurzer Besuch der Touri-Information, dann ab in die Berge und auf eine der zahlreichen Hütten wandern. So stellen wir uns da vor. Tatsächlich kommen wir wieder erst mittags wirklich los, denn in der Touri-Information erwartet uns ein Natur-Ereignis der besonderen Art. Die eigentliche Verantwortliche dort ist gerade nicht verfügbar, dafür macht die Schwester Vertretung. Die etwas unterentwickelte Kompetenz und die vergessene Brille macht sie souverän durch einen exorbitanten Redeschwall wett, wie wir ihn bisher noch nie erlebt haben. Nur unter Aufbietung unserer gesamten Überredungskunst und Entschlossenheit gelingt es uns dann, uns aus ihren Klauen zu befreien, eine Wanderkarte zu kaufen und uns schleunigst zu verabschieden.

So, was weiter? Ein Stück mit dem Auto fahren müssen wir auf jeden Fall, die Wanderwege fangen erst in einiger Entfernung an. Ein abenteuerlich enge Straße nehmen wir jetzt, dem Fahrer stehen die Schweißperlen auf der Stirn. Nach zwei Fehlversuchen haben wir endlich den richtigen Wanderparkplatz gefunden, ziehen die Wanderschuhe an und – neiiin! Diesmal mache ich alle bisherigen Mühen zunichte: in meinen Wanderschuhen sind keine Innensohlen, die liegen im Gasthof. Und auf den blanken Nägeln kann man nun wirklich nicht laufen, ebenso möchte ich die Hütte nicht in Sandalen erklimmen. Also Wanderschuhe wieder aus, zurück ins Quartier, Sohlen in die Wanderschuhe, und schon geht es wieder los. Diesmal über die etwas längere, dafür aber gut ausgebaute Straße. Wieder auf den Wanderparkplatz, endlich kann es losgehen. Unterwegs wieder viele Fotopausen, als das Kind wieder einmal verschwunden ist, suchen wir direkt nach den nächsten Kühen. Und siehe da, richtig, Kind und Kühe scheinen irgendwie spezielle magnetische Kräfte zu haben. Zwischendurch ein kurzes Picknick, weitergehen, wieder Kühe streicheln. Dann endlich erreichen wir die Hütte. Völlig untypisch liegt der Kuppelbau zwischen kleinen Hügeln in einer Senke. Wie im Teletubbie-Land sieht es hier aus, stellen wir fest. Aber schön ist es schon! Getränke beim Self-Service holen, Handy-Foto machen, Grüße in die Heimat versenden, und dann auch schon wieder Aufbruch gen Auto. Erst querfeldein durch eine Kuhweide, Slalom laufen um die Kuhfladen. Tatsächlich tritt niemand von uns hinein. Dann über Stock und Stein auf engem unwegsamen Pfad steil abwärts. Moment mal, sind uns hier nicht vorhin Leute mit Sandalen entgegen gekommen? Ich bin jedenfalls froh, dass ich meine Wanderschuhe mit den bequemen Einlegsohlen habe. Zu unserer großen Freude wachsen am Wegesrand Blaubeeren in riesigen Mengen. Leider haben wir keine Behälter zum Sammeln dabei, so müssen wir uns mit dem begnügen, was wir direkt essen können. Mit schwarzen Mundwinkeln und Zähnen ziehen wir weiter. Der letzte Teil des Weges ist dann allerdings wenig erfreulich, ein breiter und staubiger Forstweg ohne jeden Reiz, das aber kilometerweit. So sind wir dann heilfroh, als endlich der Parkplatz in Sicht kommt.

Der nächste Tag soll besser werden. Diesmal können wir schon früher aufbrechen, eine Wanderkarte haben wir ja jetzt (Kind hat übrigens beim Frühstück das Ei nicht geschafft und für unterwegs eingepackt). Also heute in die andere Richtung, durch St. Anna zu einem Berggasthof, dort das Auto abstellen und loswandern. So unsere Planung. Aber auch hier wird uns nichts geschenkt. Die Fahrt nach St. Anna führt über noch engere Straßen als die Strecke am Vortag, kurvenreich und eine Baustelle an der anderen. Papa ist schweißgebadet und verkündet: „Weiter als bis St. Anna fahre ich nicht!“. Leichter gesagt als getan. In St. Anna scheitert jeder Versuch, das Auto zu wenden, an der unglaublichen Menschenfülle in dem kleinen Dorf. Autos wohin man schaut, die weitläufigen Wiesen sind völlig zugeparkt, wo keine Autos stehen, sieht man Menschen ohne Zahl, vorwiegend in Trachtengewand. Alles scheint in Richtung Kirche zu strömen. Hochzeit? Beerdigung? Man weiss es nicht.

Nach einer kurzen Atempause auf der Parkplatz-Wiese und einer kritischen Inaugenscheinnahme der weiteren Straße fahren wir nun doch weiter, trinken noch ein Glas Wasser im Berggasthof und starten dann zur dritten Wanderung unseres Urlaubs. Aber auch heute müssen wir erkennen, dass wir hier nicht im idealen Wandergebiet gelandet sind: die ersten Kilometer des Weges führen über eine asphaltierte Straße bergauf. Erst nach fast einer Stunde erreichen wir tatsächlich einen Wanderweg. Tja, man hätte natürlich auch mit dem Auto weiter hochfahren können, aber dann hätte man die Straße eben zum Schluss wieder hochlaufen müssen. So freuen wir uns jetzt über den schönen Waldweg, über die Blaubeeren und über die grandiosen Ausblicke in die Landschaft. Dass die Hütte, die wir irgendwann tatsächlich erreichen, keinerlei Schatten bietet, stört uns eigentlich nur am Rande. Suppe, Strudel, Most und Saft – wir lassen es uns jetzt erst einmal gut gehen. Der Abstieg führt zunächst über Wiesen voller Kuhfladen, dann wiederum auf abenteuerlichen Pfaden durch den Wald. Wie immer müssen wir bei ein paar Kühen stehenbleiben, aber das kennen wir ja nun schon. Dann kommt es, wie es kommen musste: Asphalt, Straße mit Autoverkehr. Und das wieder über mehrere Kilometer. Muss das eigentlich sein? So ist unsere gute Laune gleich wieder etwas getrübt, als wir uns auf den Heimweg machen. In St. Anna hat sich die Großveranstaltung mittlerweile aufgelöst, nur ein paar vereinzelte Gestalten halten noch Schwätzchen auf der Straße.

Später erfahren wir von unserem Wirt, dass dort der Bürgermeister gestorben ist und die heutige Beerdigung DAS Ereignis in der Region war. Fast etwas ungläubig schaut er uns an, dass wir es trotzdem geschafft haben, uns dort durchzuschlagen.

zuletzt geändert: Sep 30 2008

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