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Der tägliche Wahnsinn


23.02.07 -
Botendienst

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Dass man bei der Erstellung eines Gemeindeblattes trefflich fluchen kann, haben wir an anderer Stelle bereits erfahren.  Welch glücklicher Moment für die Macher, wenn das fertige Produkt dann in Druck geht und die Arbeit hinter ihnen liegt!
Aber für andere geht der Spaß jetzt erst richtig los. Für das "Fußvolk" wie mich nämlich, das die druckfrischen Produkte zeitnah an den Mann bzw. die Frau bringen muss. Wenn man das erst ein paar Mal gemacht hat, kennt man seine "Kundschaft" schon ganz gut und weiss, auf was man sich einzustellen hat. Da fällt jeder neue Name auf der Liste gleich positiv auf und jeder fehlende negativ - weggezogen oder so. Und noch mehr diejenigen, die nicht mehr auf der Liste stehen, aber durchaus noch dort wohnen. Abtrünnige?! Heute standen gleich zwei neue Namen unter derselben Adresse auf meiner Liste. Dem Klingelschild konnte ich entnehmen, dass es sich um zwei Mitglieder einer Familie mit unterschiedlichen Namen handelt, aber sehr wohl um einen Haushalt. Also wird hier nur ein Exemplar eingeworfen, Sparsamkeit ist angesagt. Ich vermerke da auf der Liste, die nächste ist garantiert entsprechend angepasst!
Man macht sich aber überhaupt keine Vorstellung davon, wie sehr man sich über jeden Briefkasten freuen kann, der frei zugänglich vor dem Haus angebracht ist.
Da nimmt man dann auch so etwas noch gern in Kauf:



Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich begriffen hatte, dass man über den Zaun greifen und die Briefkastenklappe von innen öffnen muss. Da gerät man mit einer Körpergröße von 1.64 m schon fast an die Grenzen des Machbaren.
Wo es nicht einmal so eine improvisierte Lösung gibt, geht dann das Klingelputzen los. Der Idealfall, dass man den Empfänger selbst antrifft und ihm den Gemeindebrief persönlich in die Hand drücken kann, kommt zwar vor, hat aber außerordentlichen Seltenheitswert. Auch der Zufall, dass gerade jemand mit einem Schlüssel hinter einem steht und fragt: "Wollen Sie hier rein?" ist zwar hoch willkommen, aber eben Zufall.

Stattdessen eher folgende Konstellationen:

  • Empfänger ist zu Hause, fragt in die Gegensprechanlage: "Ja bitte?" - "Ich bringe Ihnen den neuen Gemeindebrief" - "Kein Bedarf!". Ende der Unterhaltung. Dieser Herr ist mittlerweile aus der Verteilerliste gestrichen

  • Empfänger ist zu Hause, fragt in die Gegensprechanlage: "Ja bitte?" - "Ich bringe Ihnen den neuen Gemeindebrief" - "Ja gut.". Ende der Unterhaltung, die Tür wird nicht aufgedrückt. ich stehe weiter draußen. Heute hatte ich Glück und ein Handwerker öffnete zufällig die Tür von innen, um das Haus zu verlassen. So kam ich doch noch hinein.

  • Empfänger ist zu Hause, trotz Gegensprechanlage drückt er die Tür ohne Rückfrage auf. Gewissensfrage für mich nun: Brülle ich durch den Hausflur "Ich bringe ihnen..." und werfe den Gemeindebrief in den Briefkasten oder gehe ich bis in die dritte oder vierte Etage, um ihn persönlich abzuliefern? Das entscheide ich jedes Mal neu, je nach Tagesform.

  • Empfänger ist zu Hause, trotz Gegensprechanlage drückt er die Tür ohne Rückfrage auf. Er wohnt zum Glück im Erdgeschoss. Wohnungstür verschlossen, ich klingele noch einmal. Schneller als ich denken kann, geht jetzt die Tür auf und ich sehe mich Aug in Aug mit einem gefährlich laut bellenden und Zähne fletschenden Hund von enormen Ausmaßen. Den Gemeindebrief habe ich dem Empfänger mehr zugeworfen als in die Hand gedrückt...

  • Empfänger ist nicht zu Hause, ich klingele bei Nachbarn. "Ja bitte?" - "Ich möchte für Herrn / Frau xyz etwas in den Briefkasten werfen" (Dass es sich um den Gemeindebrief handelt, habe ich nur beim ersten Mal vor ein paar Jahren dazu gesagt. Der Nachbar war offensichtlich ein ausgemachter Kirchenhasser und hätte micht fast gelyncht). Hier wird im Idealfall kommentarlos die Tür aufgedrückt, ansonsten muss ich mich auf Dinge gefasst machen wie "Für DEN mache ich nicht auf!". Es lebe die gute Nachbarschaft!

  • Es ist im ganzen Haus niemand zu Hause (bzw. niemand öffnet die Tür). Dann bleibt nur noch diese Lösung:



  • Die Briefkästen sind zwar vor dem Haus angebracht, aber das Tor zum Vorgarten ist verschlossen. Also auch klingeln. Ein mäßig freundlicher Nachbar drückt das Tor auf, ich gehe zum Haus, werfe den Gemeindebrief ein, komme zurück zum Tor - verschlossen! Lässt sich auch von innen nicht öffnen. Nochmal beim Nachbarn klingeln, der hat aber genug und reagiert nicht mehr. Gut, dass ich noch einigermaßen rüstig bin und es mir gelingt, über das Gartentor zu klettern, um meine Freiheit wiederzuerlangen!

  • Der Empfänger hat jeglichen Kontakt zur Außenwelt abgebrochen und möchte nicht mit solchem Driss belästigt werden:



    Können wir auch aus dem Verteiler streichen.

Und dann gibt es noch die Fälle, in denen man ein "Vielen Dank, lese ich immer gerne.Und schönes Wochenende noch" zu hören bekommt. Oder "Ach Sie sind das! Ich habe mich schon öfter gefragt, wer den Gemeindebrief immer hier vorbeibringt, bis jetzt lag er immer nur im Briefkasten. Vielen Dank auch!"
Das sind die Momente, wo man wieder versöhnt ist und sich denkt: 'Na gut, beim nächsten Mal wieder.'

Drei Exemplare sind jetzt noch übrig. Eins von dem Herrn, der der Welt entsagt hat, eins von der Patchworkfamilie und - unser eigenes! Ich habe es nicht in unseren Briefkasten geworfen, außerdem kannten wir den Inhalt vorher schon ... Zurück

Kommentare

von am um
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Da möchte ich meinen Senf dazu geben