16. - 17. August 2008 - Steiermark I |
von Anke Krause (anke) |
Am frühen Nachmittag haben wir unser Ziel erreicht, ein Landgasthof mit mehreren Nebengebäuden. Die freiwillige Feuerwehr gleich gegenüber, dort wird gerade das Außengelände mittels Pressluftgerät komplett neu gestaltet. Wir sehen schon eine unruhige Woche auf uns zukommen. Aber jetzt betreten wir erst einmal den Gastraum. Empfangen werden wir von einem älteren Herrn, ungefähr so breit wie hoch, der uns unsere beiden Zimmer in einem der Nebengebäude zeigt. Das Kind ist zwar enttäuscht, dass es nur ein gemeinsames Bad gibt, aber ansonsten sind wir sehr zufrieden, vor allem gibt es einen Fernseher für Olympia! Nach dem Auspacken wollen wir dann erst mal im Gastraum etwas trinken und das Informationsmaterial sichten, das dort bereit liegt. Äh – der Fahrplan der Schmalspureisenbahn von 2005, Öffnungszeiten und Eintrittspreise des örtlichen Schwimmbades von 2003, aber auch recht zeitlose Informationen z.B. zur größten Weintraube der Welt (aus Glas, steht irgendwo ein paar Kilometer entfernt und kann öffentlich bestaunt werden), zum größten Klapotetz der Welt (ebenfalls ein paar Kilometer zu fahren), zum höchsten Berg der Koralpe (kann man erwandern, wenn man will) und viele andere mehr oder weniger interessante Fakten. Der freundliche ältere Herr (der Senior-Chef, wie sich herausstellt) bringt uns noch ein weiteres Info-Blatt: Heute Abend findet eine Vollmond-Wanderung mit Zwischenstopps bei den umliegenden Weingütern, Gasthöfen und einer Kirche statt. Dauer: etwa 5 Stunden. Lohnt sich bestimmt, meint er. Vor allem im letzten Buschenschank ist es lustig, da kann man den Wirt nämlich nicht verstehen, der spricht so unverständlich!!! Prima, da gehen wir natürlich mit. Aber erst einmal machen wir noch einen kleinen Erkundungsgang in den Ort. Wichtig dabei sind die Hinweisschilder zu dem einen oder anderen Buschenschank in der Umgebung und deren Öffnungszeiten. Das könnte für die Woche noch von Interesse sein. Vorbei an Hunden, Hühnern, Ziegen („Süüüß!“) geht es, bis wir das Ortszentrum erreicht haben. Hübsch ist es hier, ein netter Dorfplatz, einige Geschäfte und Gasthäuser, eine Post und sogar eine Rübenbank. Am Ende des Platzes die Touristen-Information, leider geschlossen. Aber ein Umgebungsplan draußen sagt uns, dass es wunderbare Wandermöglichkeiten gibt, bewirtschaftete Hütten in den Bergen, die wir hier gar nicht erwartet hatten. Umso besser! So, jetzt aber zurück in unseren Gasthof, Wandersachen auspacken und bereit machen zur Vollmondwanderung. Treffpunkt ist 19.00 Uhr vor dem Haus. Gegen 18.45 Uhr ist dort schon eine muntere Schar versammelt, Familien mit kleinen Kindern, ältere Einheimische, offenbar auch die örtliche Landfrauenvereinigung. Und zur Krönung ein junger Naturbursche mit bester Laune und einer Quetschkommode. Er betätigt umgehend das Teil, woraufhin die ganze Gesellschaft anfängt, irgendwas von „steirischem Brauch“ zu singen. Bald geht es dann auch los, immer weiter singend. Der erste Buschenschank ist schon nach fünf Minuten erreicht. Der Schilcher ist vorausschauenderweise mit Wasser verdünnt, etwas anderes als Schorle, Wasser oder allenfalls Saft für die Kinder gibt es nicht. Und schon wird wieder zum Aufbruch geblasen. Zehn weitere Gehminuten, dann erwartet uns die nächste Versorgungsstation. Wieder eine Schorle, ein Saft, dann geht es weiter. Diesmal eine längere Strecke. Es wird langsam dunkel, aber der „steirische Brauch“ ist davon unbeeindruckt, es wird gespielt und gesungen, dass die Wildschweine im Wald sich vorsichtshalber in ihre Höhlen zurückziehen. Aber man hat uns nicht zuviel versprochen: Der Vollmond scheint und die steirische Landschaft sieht im Mondlicht traumhaft schön aus. Nächste Station: Ein Gasthaus mit schöner Terrasse. Dort kann man jetzt auch richtigen Wein bestellen. Riesen-Getümmel, die Bedienung kommt kaum nach. Ich bewundere ihre Gelassenheit und den Umstand, dass sie offensichtlich nicht den Überblick verliert. Allmählich fängt der Magen an zu knurren, aber hier ist noch keine Aufnahme fester Nahrung vorgesehen. Urplötzlich kommt von der Quetschkommode das Signal zum Weitermarsch, was dazu führt, dass wir beinahe den Anschluss verlieren. Vater und Tochter haben nämlich beschlossen, die ganzen Kloschlangen sich erst einmal auflösen zu lassen und erst dann zu gehen... Beim Aufbruchsignal sind sie noch nicht wieder aufgetaucht. Aber zum Glück bleibt die Gesellschaft wenige Meter weiter schon wieder stehen, um die Aufbauarbeiten für das Fest der dortigen freiwilligen Feuerwehr am nächsten Tag zu begutachten und – eine weitere Strophe „steirischer Brauch“ zu singen. So können wir doch noch problemlos aufschließen. Weiter geht es bergauf und irgendwann bleiben wir vor einer beleuchteten Garage stehen. Schorle, Wasser, Saft und, endlich, belegte Brote. Für die Kinder nebendran ein Feuer, in dem sie Maiskolben verbrennen. Zur großen Freude der Zweidrittelmehrheit gibt es schließlich auch noch Kuchen. Die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt, als der Garagen-Junior-Chef sich die Quetschkommode greift und seinerseits den „steirischen Brauch“ besingt. Das Kind hockt am Feuer und friert. Beim Packen zu Hause haben wir wohl aneinander vorbei geredet, ich hatte gesagt „Ich packe die Wandersachen ein“, hatte damit aber eigentlich nur die Schuhe und die speziellen Funktions-Hosen und Hemden gemeint. Von einer warmen Jacke war nicht die Rede, um so etwas sollte sich das Kind schon selbst kümmern. Und so liegt die Fleece-Jacke jetzt ordentlich zu Hause im Schrank und das Kind trägt ein dünnes Baumwoll-Jäckchen. Ist es meine mütterliche Sorge um das Wohlergehen der Tochter oder ein schlechtes Gewissen? Egal, ich biete ihr einen Jackentausch an, in den sie dankbar einwilligt. So stehe ich jetzt da, friere und warte darauf, dass es endlich weiter geht. Aber Pustekuchen, die Gesellschaft ist jetzt erst so richtig in Stimmung, neue Platten mit Broten und Kuchen werden herangeschafft, die ersten Schnaps-Tabletts machen die Runde, an einen Aufbruch ist nicht zu denken. Der Familienrat tritt zusammen und beschließt: „Wir brechen die Veranstaltung ab, die Kirche und den nicht zu verstehenden Wirt schauen wir uns allenfalls mal bei Tageslicht an.“. Wir bitten den Garagen-Chef, uns ein Taxi zu bestellen, aber die Garagen-Chefin lässt es sich nicht nehmen, uns persönlich mit dem Auto zurück zu fahren. Glück gehabt. Gegen 22.30 Uhr stehen wir wieder vor unserem Gasthof, wollen eigentlich noch ein richtiges Glas Wein zum Abschluss trinken, aber da herrscht schon absolute Dunkelheit. Wahrscheinlich sitzen alle potenziellen Gäste jetzt oben in den Bergen in der Garage und singen die 45. Strophe „steirischer Brauch“.
Am nächsten Morgen dann „Genuss-Frühstück“. So steht es jedenfalls in der Beschreibung des Quartiers und auch in unserer Buchungsbestätigung. Nun steht es auch auf dem Tisch: Ähnlich wie in Wien am ersten Tag, aber immerhin gibt es etwas Käse und Aufschnitt dazu. Und für jeden ein Ei – für's Kind wunschgemäß hartgekocht. Die – echt steirischen – Kürbiskernbrötchen sind offensichtlich nicht ganz durchgebacken, aber so kleinlich wollen wir hie mal nicht sein. Das Kind schafft sein Ei nicht mehr, nimmt es aber mit („Wenn ich im Lauf des Tages mal Hunger bekomme“). Wie weiter? Es ist Sonntag, in eine Stadt fährt man heute besser nicht, da ist eh alles geschlossen. Also Piber. Wie? Was? Für alle Unwissenden sei hier erklärt: In Piber ist das österreichische Bundesgestüt ansässig, in dem die berühmten Lippizaner für die spanische Hofreitschule in Wien gezüchtet werden. Also echtes Kind-Programm. Auf der Fahrt dorthin noch einmal Hundertwasser, diesmal eine Kirche. Und diesmal wirklich eindrucksvoll. Der eigentlich geplante kurze Stopp wächst sich dann doch zu einer längeren Foto-Pause aus. Selbst mir gelingen mit meiner kaputten Kamera noch einige Zufalls-Treffer. Und so ist es denn schon fortgeschrittene Mittagszeit, als wir in Piber ankommen. Macht aber nichts, Erläuterungen in allen Bereichen des Gestüts gibt es im Halbstunden-Rhythmus. So erfahren wir doch noch alles Wissenswerte über Pferdezucht, Fußfehlstellungen und „orthopädische Einlagen“ für Fohlen, die Geschichte der Kutsche über mehrere Jahrhunderte. Und das Kind wird sogar noch die eigens mitgebrachten Äpfel los – allerdings nicht an die Pferde direkt, sondern an einen der Bediensteten, der aber verspricht, sie den süüüßen Tierchen weiterzugeben. Und zur Krönung des Tages ersteht das Kind im Shop des Gestüts tatsächlich eine Plätschkapp. Gut, dass wir am Anfang unserer Reise nicht noch einmal zurück gefahren sind! Rückfahrt durch das hügelige steirische Weinland, da muss man auch noch einmal stehen bleiben, um die grandiose Landschaft im Bild festzuhalten. Als wir weiterfahren wollen, ist das Kind verschwunden. Zum Glück müssen wir nicht lange suchen: sie hat ein weiteres Highlight entdeckt, von dem sie sich gar nicht mehr trennen mag: Eine Weide mit Kühen drauf. Spektakuläre Bilder hat sie schon gemacht, jetzt muss sie sich nur noch von den Tieren verabschieden – ziemlich hautnah, was uns wenig Begeisterung entlockt. Wir haben nämlich die Duftnote im Hinterkopf, die Kühe abgeben können und die wir dann die nächsten Kilometer im Auto genießen dürfen. Aber gut, es ist jetzt nicht zu ändern und wider Erwarten ist es auch gar nicht so schlimm. Heimfahrt, Dusche, ein sensationell gutes Abendessen in unserem Gasthof, ein paar Runden Skat, das war es dann für heute.
Am nächsten Morgen dann „Genuss-Frühstück“. So steht es jedenfalls in der Beschreibung des Quartiers und auch in unserer Buchungsbestätigung. Nun steht es auch auf dem Tisch: Ähnlich wie in Wien am ersten Tag, aber immerhin gibt es etwas Käse und Aufschnitt dazu. Und für jeden ein Ei – für's Kind wunschgemäß hartgekocht. Die – echt steirischen – Kürbiskernbrötchen sind offensichtlich nicht ganz durchgebacken, aber so kleinlich wollen wir hie mal nicht sein. Das Kind schafft sein Ei nicht mehr, nimmt es aber mit („Wenn ich im Lauf des Tages mal Hunger bekomme“). Wie weiter? Es ist Sonntag, in eine Stadt fährt man heute besser nicht, da ist eh alles geschlossen. Also Piber. Wie? Was? Für alle Unwissenden sei hier erklärt: In Piber ist das österreichische Bundesgestüt ansässig, in dem die berühmten Lippizaner für die spanische Hofreitschule in Wien gezüchtet werden. Also echtes Kind-Programm. Auf der Fahrt dorthin noch einmal Hundertwasser, diesmal eine Kirche. Und diesmal wirklich eindrucksvoll. Der eigentlich geplante kurze Stopp wächst sich dann doch zu einer längeren Foto-Pause aus. Selbst mir gelingen mit meiner kaputten Kamera noch einige Zufalls-Treffer. Und so ist es denn schon fortgeschrittene Mittagszeit, als wir in Piber ankommen. Macht aber nichts, Erläuterungen in allen Bereichen des Gestüts gibt es im Halbstunden-Rhythmus. So erfahren wir doch noch alles Wissenswerte über Pferdezucht, Fußfehlstellungen und „orthopädische Einlagen“ für Fohlen, die Geschichte der Kutsche über mehrere Jahrhunderte. Und das Kind wird sogar noch die eigens mitgebrachten Äpfel los – allerdings nicht an die Pferde direkt, sondern an einen der Bediensteten, der aber verspricht, sie den süüüßen Tierchen weiterzugeben. Und zur Krönung des Tages ersteht das Kind im Shop des Gestüts tatsächlich eine Plätschkapp. Gut, dass wir am Anfang unserer Reise nicht noch einmal zurück gefahren sind! Rückfahrt durch das hügelige steirische Weinland, da muss man auch noch einmal stehen bleiben, um die grandiose Landschaft im Bild festzuhalten. Als wir weiterfahren wollen, ist das Kind verschwunden. Zum Glück müssen wir nicht lange suchen: sie hat ein weiteres Highlight entdeckt, von dem sie sich gar nicht mehr trennen mag: Eine Weide mit Kühen drauf. Spektakuläre Bilder hat sie schon gemacht, jetzt muss sie sich nur noch von den Tieren verabschieden – ziemlich hautnah, was uns wenig Begeisterung entlockt. Wir haben nämlich die Duftnote im Hinterkopf, die Kühe abgeben können und die wir dann die nächsten Kilometer im Auto genießen dürfen. Aber gut, es ist jetzt nicht zu ändern und wider Erwarten ist es auch gar nicht so schlimm. Heimfahrt, Dusche, ein sensationell gutes Abendessen in unserem Gasthof, ein paar Runden Skat, das war es dann für heute.
zuletzt geändert: Sep 29 2008
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