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Sommer 2008


20. - 22. August 2008 - Steiermark III

von Anke Krause (anke)
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Nun aber genug der körperlichen Betätigung, wir wollen auch mal wieder in die Stadt. Und zwar nicht in irgendeine, sondern in die steirische Hauptstadt – nach Graz. Vor allem das Kind brennt darauf, uns alles zu zeigen. Schließlich war sie gerade mal vier Wochen vorher mir ihrem Chor zur Chorolympiade hier gewesen. Sie zieht also morgens das damals aus Graz mitgebrachte „World Choir Games“-T-Shirt an und hofft, in Graz von jedem Passanten darauf angesprochen zu werden. Aber noch ist es nicht so weit. Der Aufbruch (Kind hat übrigens das Frühstücksei nicht mehr geschafft, nimmt es für unterwegs mit) gelingt vergleichsweise zügig, nach Graz ist es ja auch nicht so weit. Die richtige Autobahnausfahrt finden wir mit Hilfe unserer bewährten Straßenkarte, ab dort folgen wir der zugegebenermaßen etwas zufälligen Beschilderung. Habe ich da etwa schon wieder etwas gehört, was wie „Uschi“ klingt? Nach längerer Suche gelingt es uns dann endlich, ein Parkhaus in Altstadtnähe aufzutun. Bisher hat das Kind noch keine Wiedererkennungs-Erlebnisse gehabt, außer dem Hinweisschild zur Messe „Da in der Nähe ist auch die Stadthalle, da waren wir ja schließlich die meiste Zeit“. Aber jetzt durchstreifen wir erst mal enge Altstadt-Gassen (mit Kanaldeckeln, juhu!) bzw. fangen damit an, denn direkt am Anfang gibt es einen CD- und Buchladen, der unsere ganze Aufmerksamkeit für längere Zeit fesselt. Eine einzige (relativ unspektakuläre) Kirche muss das Kind über sich ergehen lassen, dafür hat sie sich aber in den Kopf gesetzt, heute unbedingt irgendwo ein Dirndl anzuprobieren und sich darin fotografieren zu lassen. In der Tat herrscht kein Mangel an Trachtenmoden-Geschäften, einige davon betreten wir sogar. Aber in allen Fällen handelt es sich eher um kleine Läden im oberen Preissegment mit sehr seriösen und beflissenen Verkäuferinnen. Da kommen wir uns doch etwas komisch vor, wenn wir sagen „Wir würden gern ein Dirndl testen – nur mal so zum knipsen“. Dann also eben nicht. Stattdessen weiter zum Hauptplatz auf der Suche nach einem Straßencafé. Dabei kommen wir an einer offenbar wichtigen Straßenbahnhaltestelle vorbei und stellen verwundert fest, dass es ja hier zugeht wie zu Hause in Berlin: es gibt sogar Schienenersatzverkehr! Nach der Kaffeepause steuert das Kind auf das Landhaus zu, in dessen Innenhof vor vier Wochen mehrere Konzerte stattgefunden haben. Die Wiedersehensfreude ist groß und damit auch andere daran teilhaben können, ersteht sie einen größeren Posten Ansichtskarten mit Landhaus-Innenhof-Motiv samt Briefmarken für alle, die damals beim Konzert mitgemacht haben. In der Touri-Information ergattern wir einen Kurz-Stadtführer, der uns einen Rundgang vorschlägt. Dem folgen wir dann, was zur Folge hat, dass sich das Kind noch ein Kirche anschauen muss. Direkt daneben kann sie dann aber ihren Hunger mit einer Portion Nudeln und Tomatensoose stillen. Wir folgen dem Rundgang und hören plötzlich einen spitzen Schrei: „Hier ist der Minoritensaal, da war der Chor-Olympische Wettbewerb!“. Prima, das Bild auf dem Plakat sieht wirklich gut aus, nur kommt man leider nicht rein. Dann eben nicht! Nächstes Ziel ist der Schlossberg mit dem berühmten Uhrturm. Gehen wir zu Fuß hoch oder nehmen wir die Bahn? Wir rechnen uns schon die vermuteten Kosten für die Bahnfahrt aus und machen die ersten Schritte zu Fuß, als wir über die dritte Alternative stolpern: Ein Panorama-Lift senkrecht durch den Berg. Kosten für uns drei: 1,50 Euro (das Kind bekommt noch einen Kinderfahrschein). Ok, den nehmen wir. Bevor wir hochfahren, entdeckt das Kind noch ein Relikt von vor vier Wochen, irgendwie hat man wohl vergessen, ein Plakat von der Chorolympiade wegzuräumen. Klasse, da können wir das Kind wenigstens noch einmal davor ablichten. Wenn schon sonst niemand auf ihr T-Shirt reagiert! Jetzt aber Schlossberg. Uhrturm, Glockenturm Museum (nur von außen), Open-Air-Bühne und ein Wahnsinns-Blick in die weite Landschaft. Plötzlich merke ich, wie eine Frau das Kind anspricht. Doch eine T-Shirt-Reaktion? Leider nicht, sie hat wohl nur jemand gesucht, dem sie die Erziehungsmethoden erklären kann, die sie ihren beiden kleinen Töchtern in diesem Moment angedeihen lässt. So, jetzt aber wieder zurück, diesmal doch zu Fuß. Wir steuern zurück in Richtung Hauptplatz, wo wir noch ein Eis essen wollen. Da liegt am Weg ein größeres Kaufhaus mit – richtig: einer Trachtenabteilung. Laut Hinweisschild an der Rolltreppe soll die im dritten Stock sein. Stimmt aber wohl nicht, dort schickt man uns in den zweiten. Hier wieder nichts zu sehen. Gut, dass das Kind nichts dabei findet, zur Kasse zu gehen und zu fragen „Wo haben Sie denn hier Ihre Dirndl?“. Wir jedenfalls halten uns in sicherer Entfernung, damit niemand in diesem Moment auf die Idee kommt, einen Zusammenhang zwischen und herzustellen. Aber es hat sich gelohnt, die Trachtenabteilung verfügt über eine große Auswahl an Kleidern, aber auch Lederhosen und Walk-Janker sind hier zu bekommen. Das Kind greift sich ein Bluse und ein Dirndl und verschwindet damit in einer Kabine. Das Resultat ist verbesserungsbedürftig: viel zu groß, jedenfalls, was die Oberweite betrifft. Aber wir wissen uns zu helfen. Die Schürze des Kleides ist mit Stecknadeln befestigt. Und eben die müssen wir jetzt zweckentfremden. Der Stoff wird hinten so zusammengerafft und festgesteckt, dass es von vorne perfekt aussieht. Und die Schürze hält auch ohne Stecknadeln. Ist ja schließlich nur für das Foto! Da haben wir es also doch noch geschafft. (Leider hat das Kind das Foto nicht zum Veröffentlichen freigegeben. Schade!) Glücklich wollen wir das Kaufhaus jetzt wieder verlassen, aber wenn wir schon mal hier sind, muss auch Papa noch in ein Trachten-Outfit klettern – findet das Kind. Hmm, das sieht schon spaßig aus (leider ist das entsprechende Bild nichts geworden). So, jetzt noch ein Eis, dann zurück zum Auto. Jeder eine Kugel, das Kind nimmt zwei und pfeift nach der ersten aus dem letzten Loch („Ich esse nie wieder Eis!“ - Versprochen?). Der Vollständigkeit halber wollen wir auf dem Heimweg noch an der Stadthalle vorbeifahren, aber der Weg dorthin ist durch eine Baustelle versperrt. Also Weiterfahrt durch völlig verstopfte Wohngebiete. Schließlich bekommen wir die Stadthalle doch noch zu sehen (nur von außen natürlich, obwohl das vielgerühmte quietschgrüne Innere sicherlich interessant gewesen wäre) und vor allen „Da hinten auf dem Schotterplatz hat unser Bus immer geparkt!“. Gut, dass wir das jetzt auch kennen. Und just in diesem Moment geht ein heftiger Platzregen nieder. Aber das stört uns nicht weiter, da wird das ziemlich staubige Auto doch gleich mal gereinigt.

Der nächste Tag soll noch einmal ein Stadt-Tag werden. Maribor ist zwar schon in Slowenien (und das steht eigentlich erst nächste Woche auf dem Programm), aber gar nicht so weit weg. So machen wir uns nach dem Frühstück (Kind – Ei – mitgenommen) auf, um über kleine beschauliche Dörfer zunächst an der slowenischen Grenze entlang und anschließend darüber in Richtung Süden zu fahren. Bereits im zweiten Dorf gibt es wieder eine riesige Baustelle und der Abzweig, den wir eigentlich nehmen wollten, ist gesperrt. Eine Umleitung ist nicht beschildert, also nehmen wir noch ein paar andere Dörfer mit. Dazu brauchen wir übrigens nicht einmal Uschi! In Slowenien geht es zunächst weiter wie gehabt, nette Dörfer, viel Landschaft. Dann allerdings geht es auf Maribor zu und wir müssen höllisch aufpassen, dass wir nicht plötzlich vor einem Schild mit der Aufschrift „Vinijeta“ stehen.- Dann sind wir nämlich auf der Autobahn, deren 34 Euro für ein halbes Jahr kostet. Und dazu sind wir schon aus Prinzip nicht bereit! Wir schaffen es auch ohne Autobahn, ins Stadtzentrum zu kommen und das Auto nach einigen Ehrenrunden in einem Parkhaus abzustellen. Bis in die Innenstadt sind es nur ein paar Schritte. Als erstes müssen wir bei H&M einen Gürtel fürs Kind erstehen („Sonst verlier ich die Hose, da ist nämlich der Knopf ab!“), direkt neben H&M finde ich einen der schönsten Kanaldeckel dieses Urlaubs. Aber das war es dann auch schon mit der Schönheit von Maribor. Wir kommen vielleicht in 10 Jahren noch einmal vorbei, mal schauen, ob es dann schöner ist. Versöhnt sind wir aber dann durch das „rozmarin“, ein prima Restaurant in der Fußgängerzone, wo wir hervorragende Kleinigkeiten zu essen bekommen und die absolut noblen Toiletten leider nicht fotografiert haben. Nun wieder heraus aus Maribor. Zweimal stehen wir unmittelbar vor einem „Vinijeta“-Schild, man wird nicht besonders deutlich vorgewarnt, und so gerät man doch öfter mal plötzlich versehentlich auf die Autobahn. Aber zum Glück können wir immer gerade im letzten Moment noch wenden und auf die Landstraße zurückkehren. So, jetzt noch tanken, slowenische Straßenkarte für die nächste Ferienwoche erstehen, dann gemütliche Rückfahrt nach Schwanberg.

Und schon ist der letzte Tag in der Steiermark gekommen. Wir beschließen, die Landschaft noch einmal per Auto zu erkunden. Den Anfang macht die Südsteirische Weinstraße. Der Besuch der größten (künstlichen) Weintraube der Welt scheitert am Zustand der Zufahrtstraße, aber ich vermute mal, sooo viel haben wir da jetzt auch nicht verpasst. Weiter geht es durch traumhafte Landschaft, rechts der schmalen Straße ist Slowenien, links Österreich. Es folgen ergiebige Fotopausen. Weintrauben, Klapotetze, Hügel mit Kapellen oben drauf - die Motive sind vielfältig. Lohnend auch der Besuch der hübschen kleinen Stadt Leibnitz, man stolpert direkt aus dem Auto über hübsche Kanaldeckel. Wir erstehen noch ein paar Ansichtskarten und suchen dann nach der Post, denn nur dort gibt es Briefmarken, so sagt man uns. Weiter geht es Richtung Kitzeck. Ein Ortszentrum sucht man hier vergeblich, der Ort scheint nur aus weit verstreuten Einzelgehöften zu bestehen. Immerhin gibt es hier – echt österreichsch – den größten Klapotetz der Welt und das höchstgelegene Weinbaumuseum Europas. Wir ziehen es aber vor, den „Kirchenwirt“ aufzusuchen, allmählich meldet sich nämlich der kleine Hunger (ach, ich vergaß zu erwähnen, das Kind hat sein Frühstücksei in Schwanberg nicht gegessen ...) Eine wunderschöne Terrasse mit weitem Blick in die Landschaft gibt es hier, wir werden mäßig freundlich an einen Tisch dirigiert und fragen nach der Karte. „Karte? Welche Karte? Wir haben nur eine Speisekarte!“. Welch Überraschung in einem Restaurant! Wir sind erstens zu höflich und zweitens leider nicht schlagfertig genug, darauf zu antworten, eigentlich hätten wir gerne ein Straßenkarte oder etwas in der Richtung gehabt. Stattdessen bestellen wir Kuchen bzw. eine Suppe, die eine Weile später recht unfreundlich auf den Tisch geknallt werden, aber trotzdem wirklich gut schmecken. Und wo wir schon mal so schön hier sitzen, können wir doch auch gleich die Ansichtskarten schreiben. Die Bedienung wird allmählich etwas ungeduldig, aber davon lassen wir uns nicht beeindrucken. Und dann geht die Fahrt weiter an der Weinstraße entlang. Und noch einmal bleiben wir auf einer wunderschönen Terrasse hängen, bestellen noch eine Portion Bohnen mit Kürbiskernöl, und als wir endlich wirde aufbrechen, müssen wir feststellen, dass es auch für die geplante kurze Wanderung in Schwanberg jetzt zu spät ist. So beschränken wir uns darauf, abends noch einmal in unseren Lieblings-Buschenschank zu gehen, anschließend zu packen und und schon einmal damit zu befassen, wie wir am nächsten Tag am günstigsten nach Slowenien kommen. Dort bekommen wir hoffentlich dann auch wieder mal ein gutes Frühstück!

zuletzt geändert: Sep 30 2008

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